Bremer Netzresidenz für Daniela Dröscher


Die in Berlin lebende Schriftstellerin Daniela Dröscher ist Preisträgerin der Bremer Netzresidenz des virtuellen Literaturhauses. Für das Arbeitsstipendium bewarb sich die Autorin mit dem Projekt Kommt in den Park und schaut!, ein performatives literarisches Format, das digitalen Text mit dem analogen Raum in Verbindung bringt. Die Bremer Parkanlagen mit ihren Bäumen, Wegen, Wiesen, Blumen, Parkbänken und Passant*innen werden dabei zugleich Bühne und Zuschauerraum.

Für einen bestimmten Zeitraum werden kurze Sätze, Fragen oder poetische Anweisungen in Form von Text-, Sprach-Nachrichten oder Mail an die Parkbesucher*innen verschickt. Darauf aufbauend erzählt Daniela Dröscher eine kleine Kulturgeschichte des städtischen Parks: als Ort des aufkommenden Bürgertums im 18. Jahrhundert, und heutigem Soziotop, in dem sich unterschiedlichste soziale Klassen versammeln. Der Blick der Parkbesucher:innen soll in eine poetische Schwebe geraten, die zugleich reflexiv nach Innen schaut, sich aber immer auch wieder ephemer mit der Außenwelt verbindet.

Daniela Dröscher wird die Bremer Netzresidenz im Sommer 2023 antreten. Mit Kommt in den Park und schaut! möchte die Preisträgerin an ihre bisherigen digitalen Arbeiten zur sozialen Klasse – www.checkyourhabitus.com und www.sollundhabitus.com – anschließen. Die Texte werden in fünf Sprachen zugänglich sein.

Bild vom Bürgerpark
© Eva-Christina Krause

„Daniela Dröscher, die seit einigen Jahren Projekte auf der Schnittstelle von Literatur, digitaler Kunst und Schriftbildlichkeit entwickelt, überzeugt mit einem Konzept, das die Auseinandersetzung mit digitalen Medien in ein interaktives und partizipatives literarisches Format einbringt. Ihr Projekt Kommt in den Park und schaut! ist gleichermaßen im virtuellen Raum wie im analogen Stadtraum verortet, indem es Besucherinnen und Besucher durch digital empfangene Nachrichten und Instruktionen zur bewussten Wahrnehmung Bremer Parklandschaften anregt.
Eingebunden werden diese Wahrnehmungsschulungen in eine Kulturgeschichte des städtischen Parks und Mutmaßungen zum Einfluss sozialer Herkunft auf die Ausbildung von Biografien. Das mehrsprachig angelegte, kulturgeschichtlich und soziologisch grundierte Projekt überzeugte besonders, weil es über digitale Medien auf eine Wahrnehmungsschärfung für reale Landschaften und individuelle innere (Seelen-) Landschaften zielt.“ - Aus der Jurybegründung

Portrait von Daniela Dröscher
© Carolin Saage

Zur Autorin

Daniela Dröscher, Jahrgang 1977, aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, lebt in Berlin. Sie schreibt Prosa, Essays und Theatertexte. Studiert hat sie in Trier, London, Potsdam und Graz. Ihr Romandebüt Die Lichter des George Psalmanazar erschien 2009 im Berlin Verlag, es folgten der Erzählband Gloria und der Roman Pola sowie das Memoir Zeige deine Klasse. Die Geschichte meiner sozialen Herkunft bei Hoffmann & Campe. Sie wurde u.a. mit dem Anna-Seghers-Preis, dem Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds sowie dem Robert-Gernhardt-Preis (2017) ausgezeichnet. Seit Herbst 2018 ist sie Ministerin im Ministerium für Mitgefühl. Im August 2022 ist Daniela Dröschers Roman Lügen über meine Mutter im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen. Der Roman steht auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2022.

Zum Stipendium

Die Bremer Netzresidenz ist ein Arbeitsstipendium, das ein digitales Projekt einer*s Künstler*in fördert. Das Stipendium ist einmalig mit 2.500.- € dotiert und ein vierwöchiger Aufenthalt im kunst:raum sylt quelle auf der Insel Sylt wird in Kooperation mit der sylt foundation ebenfalls angeboten.  Die Auseinandersetzung mit dem virtuellen Medium bildet den Fokus des Stipendiums. Dabei wird besonderer Wert auf den Einsatz innovativer literarischer bzw. künstlerischer Verfahrensweisen gelegt. Onlineprojekte, die den Schwerpunkt auf einen weltoffenen Literaturaustausch legen, werden besonders gefördert.