Antje Rávik Strubel
geboren 1974 in Potsdam, zählt zu den renommiertesten queeren Stimmen der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur – ein Labeling, dem sie sich immer wieder gekonnt entzieht. Die Charaktere ihrer mehrfach ausgezeichneten Romane changieren zwischen den Geschlechtern und fließenden Beziehungsformen, Identität ist bei Strubel ein volatiler Zustand. Ihre Literatur kartografiert Länder, Körper und neue Räume, in denen sie auch sich selbst immer wieder neu erfindet: der Name Rávik, der ihren Geburtsnamen ergänzt, bezeichnet eine Identität, die sich im Schreibprozess kontinuierlich erweitert. Für ihrem aktuellen Roman Blaue Frau wurde Antje Rávik Strubel mit dem Deutschen Buchpreis 2021 ausgezeichnet.
Gunther Geltinger
geboren 1974 in Unterfranken, debütierte 2008 mit seinem autofiktionalen Roman Mensch Engel über den Grenzgang eines jungen schwulen Mannes zwischen künstlerischer Selbstbehauptung und den sozialen und gesellschaftlichen Zuschreibungen, die ihm durch sein Anderssein widerfahren. Die gleichermaßen produktive wie problematische Verquickung von Leben und Schreiben spielt auch in seinen Romanen Moor (2013) und Benzin (2019) eine zentrale Rolle: auf ihrer Suche nach Liebe und Zugehörigkeit schickt Geltinger seine Figuren, ausgestattet mit autobiografischem Material, auf Reisen in die literarische Fremde – in ein buchstäblich sprechendes norddeutsches Moor oder ins vielsprachige postkoloniale südliche Afrika.
Jayrôme C. Robinet
ist Schriftsteller und Übersetzer und wurde 1997 in Nordfrankreich geboren. Er beschreibt in seinem erfolgreichen autobiografischen Essay seinen Weg von einer weißen Frau zu einem jungen Mann mit Migrationshintergrund (Hanser Literaturverlag, 2019). Als Spoken Word Künstler wechselt er zwischen Sprachen und Identitäten, Selbstbeschreibungen und Zuschreibungen, zwischen Lyrik und Prosa, Sprechen und Musik. Sein (Hör-)Buch Das Licht ist weder gerecht noch ungerecht bildet die Vielseitigkeit seines literarischen Schaffens ab und vereint mehrere Genres: Theatermonolog trifft auf Spoken Word, Kurzgeschichte auf lyrische Prosa, Geschriebenes auf Gesprochenes. Polyphon tritt er in einen Dialog mit der Welt, um „die Fallhöhe von Wort zu Wahrheit zu verringern“.
Daniel Schreiber
wurde 1977 in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Er hatte bereits einen Namen als Literaturkritiker, Essayist und Kulturredakteur u.a. bei der Zeit, beim tagesspiegel, in Theater heute, bei Cicero und als Autor der Susan-Sontag-Biografie Geist und Glamour (2014), bevor er selbst literarisch zu schreiben begann. Sein autobiografisch gefärbter literarischer Essay Nüchtern (2014) ist eine so berührende wie schonungslose Reflexion Über das Trinken und das Glück. In Zuhause (2017) erinnert er sich an seine Kindheit und Jugend als Homosexueller in der DDR und macht sich auf die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen. Seine Reise in die Randzonen des Andersseins und Fremdseins im eigenen Leben setzt er in seinem jüngst erschienenen Buch Allein (2021) fort, das inzwischen zu einem Bestseller wurde.
Querschreiben
Parallel zu den Veranstaltungen begleitet die queere Bremer Schriftstellerin Imke Müller-Hellmann die queere Lesereihe mit eigenen Textbeiträgen Die Texte werden jeweils im September und im November auf der Website des Literaturhauses und im Literaturmagazin Bremen publiziert.
Darin stellt Imke Müller-Hellmann die teilnehmenden Autor*innen und ihr literarisches Schreiben vor. Wir können uns auf Interviews und kurze Essays der Bremer Autorin freuen!
Imke Müller-Hellmann
geboren 1975 in Aachen, aufgewachsen in Köln, lebt als Schriftstellerin in Bremen. Studium der Diplom-Religionswissenschaft und der Diplom-Pädagogik. Sie arbeitet als Jobcoach für Menschen mit Behinderung und schreibt Erzählungen und literarische Sachbücher. Ihre Kurzgeschichten wurden mit Preisen und Stipendien ausgezeichnet. 2014 erschien das Buch Verschwunden in Deutschland – Lebensgeschichten von KZ-Opfern – Auf Spurensuche durch Europa, 2017 Leute machen Kleider – Eine Reise durch die globale Textilindustrie (beide bei Osburg). Für letzteres war sie Stipendiatin des Grenzgänger-Stipendiums der Robert-Bosch-Stiftung und des Literarischen Colloquiums Berlin.
Im Jahr 2022 setzt das Literaturhaus Bremen sein queeres Literaturprogramm queer (L)it! fort. Queeres Schreiben als Form des ästhetischen Widerstands – unter dieser Überschrift präsentieren sich drei neue Formate im Rahmen des queeren Literaturprogramms.
Queeres Schreiben bedeutet weitaus mehr, als nicht-heterosexuelle Lebensweisen und Beziehungen zu thematisieren: Queere Autor*innen wählen bewusst eine literarische [künstlerische] Form, die sich quer zur dominanten Ordnung der Repräsentation von Geschlecht und Sexualität stellt. Durch ihre spezifischen sprachlichen Mittel verwirren sie fixierte Identitätskategorien – to queer heißt im Englischen auch: etwas unterlaufen, durchkreuzen.
In zwei moderierten Werkstattgesprächen im September und November 2022 und einem begleitenden Blog stellen queere zeitgenössische Autor*innen ihre jeweils individuelle Ästhetik des Widerstands vor. Kuratiert wird die Reihe in diesem Jahr von Schriftsteller Gunther Geltinger.