Was bieten Podcasts und Social Media dem Buchmarkt? Oder anders gefragt: der Community der Lesenden? Und der BIPoC-Community? Podcasterin, Buchkolumnistin, Bookstagrammerin und Journalistin Georgina Fakunmoju findet: sehr viel. Im Gespräch mit Sophie Anggawi verrät sie neben drei Buchtipps aus ihrer Bookstagram-Community auch, was sie am deutschen Buchmarkt und an Kulturredaktionen nervt und warum Literatur von BIPoCs über das Berichten von Rassismen hinaus wertgeschätzt werden sollte.
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Sophie Anggawi:
Literaturhaus Bremen, der Podcast. Heute sprechen wir mit Journalistin und Podcasterin Georgina Fakunmoujou. Georgina ist außerdem auch Buchkolumnistin bei Cosmo Radio und zudem ganz schön viel im digitalen Raum unterwegs, auch auf Bookstagramm. Hi Georgina.
Georgina Fakunmoju:
Hallo.
Sophie Anggawi:
Hi. Du hast ja einen Podcast und die dazu passende Instagram-Seite, Readers Gonna Read. Worum geht's dir denn in deiner Arbeit?
Georgina Fakunmoju:
Also ich habe immer gesagt, ich bespreche nicht weiße Literatur aus Deutschland, Afrika und der afrikanischen Diaspora und damit meine ich Literatur, die oft marginalisiert wird, die oft nicht so im Fokus steht, die nicht vorne im Schaufenster steht, vielleicht möglicherweise in den Buchläden, da gibt es nämlich unheimlich viel zu entdecken und da möchte ich gerne ein Licht drauf werfen.
Sophie Anggawi:
Und was willst du damit darstellen, was möchtest du quasi deinen Hörer*innen in deinem Podcast und auch auf deiner Instagram-Seite damit näher bringen?
Georgina Fakunmoju:
Ich glaube, ich möchte einfach zeigen, dass es mehr gibt als das, was Verlage uns oft zeigen. Es gibt einfach eine große weite Welt, auch eine große weite Welt der Literatur da draußen. Und wir sehen davon einfach viel zu wenig, vor allem wenn es um schwarze Literatur geht, wenn es um afrikanische Literaturen geht.
Man kann eigentlich auch gar nicht sagen, dass es eine Art von afrikanischer Literatur gibt. Es gibt 54 Länder, der Kontinent ist riesig und wir wissen einfach viel, viel zu wenig darüber. Und da gibt es Gründe, da gibt es strukturelle Gründe. Und da gucke ich drauf und ich möchte den Leuten einfach Lust machen, andere Geschichten auch zu entdecken.
Sophie Anggawi:
Früher hieß dein Podcast ja auch eigentlich anders und dein Instagram-Account auch. Das hieß damals noch „My PoC Bookshelf“ mit dem Fokus auch nochmal mehr, dezidierter ja schon im Titel auf PoC, also People of Color Literatur, so hast du also begonnen. Was war denn damals der Antrieb und warum hast du dich dann entschieden das zu ändern?
Georgina Fakunmoju:
Also ich habe mich immer für Literatur interessiert, ich bin Leserin, seitdem ich ganz klein bin, aber im Journalismus bin ich nie so richtig dort gelandet in diesen Redaktionen. Und ich glaube, es hat einen Grund gehabt, weil ich eben nicht mich wirklich dort gesehen habe.
Ich habe mich sowieso nie gesehen, auch in Kinderbüchern nicht. Die Figuren meiner Kindheit waren alle weiß und auch in den Redaktionen gab es einfach viel zu wenig Literatur, die den Blick auf zum Beispiel schwarze Literatur fokussiert hat.
Und wenn darüber gesprochen wird, dann eben auch immer aus einer weißen Perspektive heraus. Und ich glaube, als ich aufgehört habe, beim NDR zu arbeiten, hatte ich den ganz, ganz großen Wunsch, genau das so sehr, sehr stark in den Fokus zu setzen.
Das hat gut funktioniert, es haben Leute verstanden. Und in den letzten drei, vier Jahren, die ich das jetzt gemacht habe, habe ich nur das Gefühl, dass sich bestimmte Begriffe einfach abgenutzt haben, dass sie sich politisch abgenutzt haben, dass Leute müde davon geworden sind. Und es geht mir eigentlich immer noch um die gleichen Inhalte. Aber ich möchte das, wenn du so willst, erweitern und nicht mehr so sehr in so einem politischen Kontext.
Sophie Anggawi:
Wieso war der politische Kontext dir zu, wie du gesagt hast, abgenutzt?
Georgina Fakunmoju:
Ich glaube, dass wir, ich habe damals schon damit gehadert, ehrlich gesagt, weil ich Schwarz bin und eigentlich hättet der Podcast mein „BIPoC Bookshelf“ oder so heißen müssen. Und die Begriffe treffen oft nicht genau das, was du sagen willst. Und ich wollte auch nicht mich selber in eine bestimmte Schublade hineinbuxieren, in die ich von außen sowieso ständig reingesetzt werde.
Ich habe zum Beispiel auch im Podcast mit Autor*innen gesprochen, die zum Beispiel nicht weiß sind, die aber trotzdem so bestimmte Diskurse genauso mit aufgreifen wie eine andere Art von Maginalisierungserfahrung haben, sei es vielleicht eine osteuropäische Perspektive oder eine queere Perspektive. Und Leute sind zu mir gekommen und haben gesagt, „aber wieso hast du die und die Person interviewt, die ist doch gar nicht Schwarz“.
Und das war mir dann tatsächlich ein zu großes schwarz-weiß Denken. Ich glaube, dass uns genau das abhandengekommen ist, dass wir auch in den Zwischentönen miteinander sprechen können. Es ist mir alles zu beinahe geworden in der Kategorisierung und da wollte ich unbedingt raus.
Sophie Anggawi:
Mhm. Wieso gerade jetzt? Also dieser Umschwung von „My POC Bookshelf“ zu „Reader's Gonna Read“ ist ja so dieses Jahr vollzogen worden oder hast du vollzogen. Wieso gerade jetzt? Wieso dieses Jahr?
Georgina Fakunmoju:
Ich glaube einfach, in einem Klima, in dem sich einfach politisch so viel tut und wo alles sich so erhitzt, wollte ich auch meine Inhalte zu einem gewissen Grad schützen und nicht angreifbar sein für genau die Leute, die uns diese Kämpfe, die wir führen, absprechen wollen. Das war ein Grund.
Und der andere Grund ist wahrscheinlich, dass Projekte an sich einfach auch irgendwo ein Eigenleben führen. Und ich habe das angefangen, als ich alleine zu Hause war. Es war Corona. Ich saß mit einem kleinen Baby zu Hause und habe auf mein Bücherregal geguckt und das hat einfach in dem Moment sehr, sehr gut gepasst.
Und die Community ist größer geworden, die Diskurse sind größer geworden, ich habe andere Arbeit gemacht in der Zeit und ich glaube, so wie sich das Projekt entwickelt, wollte ich einfach vielleicht auch einen größeren Zirkel ziehen, dass ich das Projekt so führen kann, dass ich es einfach auch kreativ und freiheitlich gestalten kann, so wie ich es möchte.
Sophie Anggawi:
Und eher so ein verbindendes Element betonen als das Teilende, was du gesagt hast, ne?
Georgina Fakunmoju:
Das stimmt. Ja.
Sophie Anggawi:
Du hast vorhin auch erwähnt, dass du beim NDR gearbeitet hast, du warst auch bei vielen großen Medienhäusern ja unterwegs, du warst eben auch beim Öffentlich-Rechtlichen. Und da hast du gesagt, du hast da nicht so deinen Platz gefunden.
Hast du auch das Gefühl, dass es diesen Platz gar nicht gab, um mehr so den Blickwinkel von POC, von People of Color, auch mal zu beleuchten in diesen Redaktionen und Kulturredaktionen?
Georgina Fakunmoju:
Ja, ich glaube, diesen Platz gibt es nicht so richtig. Es gibt immer wieder vereinzelt die Einzelnen, die isolierte Erfahrung von ganz vielen, die sich reingeboxt haben, die es geschafft haben, ihren Traum zu verwirklichen. Und dann ist halt die Frage, wie du dann in dieser Struktur weitermachst. Und das Problem, denke ich, ist, dass es eben bei dieser Vereinzelung bleibt, dass meistens nicht genug da sind, um tatsächlich wirklich was zu verschieben und Schwerpunkte wirklich anders zu setzen.
Du kannst immer wieder Dinge einbringen. Natürlich, ich habe mich immer sehr gefreut, wenn ich auch Perspektiven einbringen konnte, auf die sonst niemand gekommen wäre. Aber in der großen ganzen Maschine sind das so wenig Momente, in denen dann solche Perspektiven sichtbar werden und auch meine Perspektive dann sichtbar wird. Und ich kann dann arbeiten in einem solchen System, aber ich kann eigentlich nicht wirklich die Arbeit machen, für die ich – das klingt jetzt so religiös – aber vorgesehen bin.
Sophie Anggawi:
Eine Berufung.
Georgina Fakunmoju:
Ja, wo ich einfach auch gesehen werde mit dem, was ich gesellschaftlich zum Beispiel einbringen kann. Ich habe jetzt vielmehr das Gefühl, dass ich das mache, wo das, was meine Stärke ist oder was ich habe, auch wirklich anderen hilft und wo ich andere inspirieren kann.
Sophie Anggawi:
Und dann bist du eben auf den Podcast ja auch gekommen, den zu machen, erst mal POC Bookshelf, hieß der. Warum hat sich das Format des Podcasts so angeboten für dich?
Georgina Fakunmoju:
Weil es ein freies Format ist.
Sophie Anggawi:
Keine Redaktionen.
Georgina Fakunmoju:
Genau, also immer diese Beiträge, es gibt immer eine maximale Länge, die machbar ist und ich habe Fernsehjournalismus viel gemacht und dann sind es eben dreieinhalb Minuten, da passen drei bis fünf O-Töne rein, die dürfen dann zwölf bis 25 Sekunden lang sein, dazwischen kommt eine Textstrecke und wenn du das zehn Jahre gemacht hast, dann siehst du irgendwie nur noch das Format und gar nicht mehr richtig die Inhalte.
So ging es mir jedenfalls und ich habe mich da sehr eingeengt gefühlt und als ich dann angefangen habe zu Podcasten, war es mir auch erst mal nicht so wichtig, dass es qualitativ, tonmäßig, formatmäßig so perfekt durchkomponiert und gestrickt ist, sondern dass ich einfach frei sprechen konnte und dass ich mich nicht rechtfertigen musste vor irgendeiner Redaktion.
Das hat mir unheimlich gut getan nach der ganzen, ganzen langen Zeit und deswegen habe ich mir auch die Freiheit genommen, das wirklich auch so total DIY zu machen, mit Leuten auch sehr lang zu sprechen, mit Leuten, die sonst nie zu Wort kommen. Ich habe so viele Beiträge immer wieder gemacht, auch Sachen, die so jährlich wiedergekommen sind, so, weiß ich nicht, irgendwelche Events, wo ich dann immer wieder stand oder Konzerte, wo dann XY-Redaktion da ist und die anderen auch, weil vergessen wurde, das Team abzubestellen und du denkst irgendwie, wie viel Geld ist da jetzt gerade wieder rausgeballert worden für so irrelevantes Zeugs.
Und dann spreche ich mit Leuten, die wirklich auch einfach gesellschaftlich relevante Dinge zu sagen haben, die sehr schwierige Bedingungen haben, unter denen sie geschrieben haben, die es trotzdem geschafft haben, die sich jetzt bei Lesungen und mit dem, was über sie in den Medien geschrieben wird, wieder irgendwo abgrenzen müssen, wieder irgendwo oft verteidigen müssen. Leute, die wirklich einfach einen Grund haben, eine Plattform zu bekommen und das hat einfach mir sehr gut getan und es hat auch, glaube ich, den Menschen, die ich interviewe, gut getan zu spüren, dass wenn da jemand sitzt, der auch eine Perspektive teilt, die nicht eine mehrheitlich weiße Perspektive ist, dass so Gespräche ganz, ganz anders auch ablaufen können.
Sophie Anggawi:
Wie laufen die dann ab?
Georgina Fakunmoju:
Ich glaube, einfach tiefer, mit einem tieferen Verständnis und mit einem grundlegenden Verständnis. Und wir können über die inhaltlichen Dinge sprechen und viele Dinge oder viele Menschen auch mitnehmen, die vielleicht nicht die gleichen Erfahrungen gemacht haben, aber es ist nicht dieses Erklär-Bär-Ding.
Oft sind Interviews, gerade wenn es um, weiß ich nicht, schwierige Diskriminierungsgeschichten geht, dann wird oft gefragt nach persönlichen Erfahrungen zum Beispiel. Da geht es nicht um die Kunst des Schreibenden oder wie das stilistisch gemacht ist. Also auch, aber oft geht es darum zu sagen, ist Ihnen denn sowas auch schon passiert?
Oft fehlt da auch, finde ich, die Beteiligung des weißen Menschen, der da sitzt, weil Rassismus ist ja nicht von Schwarzen oder von POCs erfunden worden, sondern ein System, ein systematisches System, um Macht zu erhalten und es in die Hände von bestimmten Leuten zu geben und andere auszulassen. Ja, und da ist es dann einfach sehr, sehr schön, wenn diese Komponente wegfällt, weil man dann tatsächlich in die Themen reingeht, die uns als Community auch interessieren.
Sophie Anggawi:
Was hättest du dir denn zum Beispiel gewünscht, also in solchen Redaktionen oder in solchen Interviewsituationen, wo eine Person, die vielleicht nicht von Rassismen betroffen ist, interviewt? Ist das fehlende Sensibilität oder fehlende Reflektion, Eigenreflektion?
Georgina Fakunmoju:
Ja, es ist vor allem, glaube ich, fehlende Vorbildung. Es gibt so Fähigkeiten wie Empathie, die haben ja manche Menschen mehr ausgebildet als andere sowieso. Und dann gibt es eben auch noch Bildung auf diesem Gebiet und ich glaube, dass ganz viele Menschen, nicht-weiße Menschen, die irgendwie sichtbar sind in der Gesellschaft, genau das beklagen und zu Recht, dass wir immer in der Position sind, weißen Menschen Rassismus zu erklären. Und das ist nicht unsere Aufgabe, sondern es gibt heute, das ist ja das Schöne daran, das liebe ich auch so an diesem Projekt, es gibt Literatur zum Thema, wie zu allem anderen auch.
Das heißt, wenn du dich für dieses Thema interessierst, wenn du denkst, dass es wichtig ist, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und sich auch einzusetzen dagegen, dann kannst du dir alle möglichen Bücher dazu leihen, kaufen, dir einen Lesezirkel suchen, sie besprechen und dann kannst du auf der Grundlage dessen sehr gut ins Gespräch kommen über alle möglichen anderen Themen.
Aber du kannst es nicht den Personen überlassen, die davon betroffen sind.
Sophie Anggawi:
Die Menschen, die davon betroffen sind, das sind auch die Leute, deren Geschichten und Community-Stories gar nicht richtig gehört werden. Weil es immer bei diesen „oberflächlichen Rassismus-Narrativen“ bleibt. Und Wiedererzählungen quasi.
Auf Instagram sind die Wege zum Publikum viel kürzer, als es beim Radio oder Fernsehen ist. Es gibt diese Direktnachrichten-Funktion, die Kommentar-Funktion. Du hast, ich hab heute Morgen mal nachgeschaut, 17.000 Follower auf Instagram. Erst mal krass. Was hast du durch den Dialog mit deinen FollowerInnen gelernt?
Georgina Fakunmoju:
Auf jeden Fall war ich sehr bestärkt dadurch, dass es so viele tolle Leute gibt, die ähnlich ticken und die ähnlich Lust haben auf diese Themen und die meinen, warum ich dieses Projekt mache, total verstehen.
Viele Leute, die lernen wollen, viele Leute, die sich auch einfach mal gesehen fühlen dadurch. Und ich mache ja oft, das ist ja auch ein langer Weg, ich bin jetzt ja wahrscheinlich auch schon, was ist das, vier Jahre auf Instagram, davor war ich überhaupt nicht auf Instagram, also ich habe es wirklich nur für dieses Projekt überhaupt gemacht und ich suche da ja auch immer noch nach dem Formular, was so funktioniert, ohne dass da zu viel Arbeit reinfließen kann, weil das auch sehr, sehr, sehr viel Arbeit ist, jeden Tag Content zu erstellen oder das einfach am Laufen zu halten. Aber ich mache da oft so Vorschläge, so Videos, so kleine Videos, so stapelt zu verschiedenen Themen.
Also zum Beispiel jetzt habe ich gerade Schwarze Krimis, ja, es gibt wenig Schwarze AutorInnen, die Kriminalromane geschrieben haben, da ist auch dann die Frage warum, aber ich frage dann, kennt ihr Schwarze Krimis und dann antworten Leute und sagen mir noch Namen, von denen ich noch nie was gehört habe oder der große Familienroman, das sind meine Lieblinge, meine fünf, welche sind eure Liebsten und dann kommen Leute und erzählen noch andere Sachen.
Also das ist auch so ein bisschen so ein kleines Wissensarchiv, was da zusammenkommt, weil so die Community einfach sehr viel weiß und wenn ich dann zurückgehe und eine Frage habe zu irgendwas, dann kann ich nochmal in die Kommentare gehen und nochmal gucken, was die Leute geschrieben haben und andere sehen dann, was andere geschrieben haben und dadurch entsteht wirklich so eine kleine Wissensplattform, die ich total schätze und dann sind es einfach auch die Rezensionen von anderen, die regelmäßigen Kontakte.
Ich habe meinen Buchclub, ist de facto dadurch entstanden, dass ich Leute hier in Berlin hatte, die mit mir gelesen haben oder die lesen wollten, aber auch Leute, die aus der Insta-Community kamen und dann gibt es natürlich die kleinen Diskussionen, die man auch führt.
Ein weißer Mann, ich habe einen Stapel gehabt zu afrodeutschen Klassikern, da hat der dann gefragt, welche ich denn empfehle, weil die Deutschen kennen sich ja mit nicht aus. Und dann habe ich ihm zurückgeschrieben, was ich halt empfehlen würde für, weiß ich nicht, was ihm halt so liegt, so als Genre, aber ich als Deutsche, also dass ich ja auch deutsch bin und dann hat er gleich verstanden und hat dann gesagt, ah ja, falsch gedacht und es muss nicht immer gleich in Kämpfe ausarten, sondern das kann einfach auch so ein wohlwollendes Lernen sein.
Ich weiß, dass wir super unterschiedlich sind, dass da super unterschiedliche Menschen sind mit sehr unterschiedlichen Wissensständen, aber wichtig ist mir persönlich, dass wenn es jetzt keine Bots sind, die mich angreifen und irgendwie beschimpfen, dass wir einfach untereinander Dinge sagen können und dass man sich respektvoll behandelt und das finde ich ist ganz gut gelungen.
Sophie Anggawi:
Das ist gut gelungen, ja, finde ich auch. Also, dass du keine großen Keyboard Warriors da in deinen Kommentarfeldern hast. Woran meinst du liegt das? Ist das einfach nur Algorithmus-Glück?
Georgina Fakunmoju:
Ja, ich glaube, dass es auch was mit Ansprache zu tun hat. Ich glaube, wir werden oft darauf reduziert, über Rassismus zu sprechen. Das ist auch wieder dieses Ding mit diesen verbrauchten Begriffen. Wir werden müde von bestimmten Dingen.
Und wenn alles sich in so einem woken Bereich abspielt, wo eben keine Zwischentöne mehr da sind, wo viele Menschen denken, sie wissen so viel mehr als andere, wo Leute sofort auch gecancelt und abgestraft werden für Dinge, die falsch sind. Das ist einfach keine Diskussionskultur. Und wir sind alle fehlbar. Und ich glaube, dass viele Schwarze Menschen hier, wenn du überlegst, wer ist bekannt, dann sind das alles Leute, die irgendwas mit Rassismus zu tun haben.
Schwarzes Leben. Es ist nur von außen, von weiß markiert als Rassismus. Es gibt alle Themen und noch viel mehr in Schwarzen Communities, über die wir auch bitte sprechen wollen. Und ich glaube, es wäre manchmal einfacher, die Brücke zu schlagen, wenn Schwarze Menschen einfach überall präsent wären, mit allen möglichen Themen, und es wäre viel einfacher, das zu normalisieren, als wenn wir Schwarze Menschen immer dazu abberufen, über Rassismus zu sprechen. Und ich glaube, ich spreche einfach auch nicht über Rassismus, ich spreche sehr ungern über Sachliteratur.
Das habe ich alles gelesen, das weiß ich, es interessiert mich aber nicht, weil ich habe es ja, ich erfahre es selbst und ich habe das Zeugs auch gelesen. Vielen Dank, ich bin da schon durchgegangen, ich bin an der Stelle aus-empowered. Ich brauche ganz andere Dinge, ich möchte inspiriert sein von Büchern und ich rede einfach über andere Dinge und das kritisiere ich auch an der Literaturlandschaft in Deutschland, dass es ganz oft, dass AutorInnen auch nur dann verlegt werden, wenn sie eben genau diese Erwartungen erfüllen.
Und wenn wir auch sprechen wollen über Liebes, eine Love Story schreiben wollen oder wie gesagt einen Krimi schreiben wollen oder Science Fiction, dann gehen diese Stimmen nicht durch, weil wir an diesen Stellen nicht erwartet werden.
Und nicht über Rassismus sprechen.
Sophie Anggawi:
Hast du denn das Gefühl, da könnte der Buchmarkt, ich hole jetzt mal groß aus, also Think Big, von deinem Instagram-Profil lernen, weil du hast ja gerade gesagt, das ist ein richtiges Community-Archiv, da werden Buchtipps gepostet zu unterschiedlichsten Themen, da wird auch nochmal aufgefächert, dass es eben, wie du sagst, nicht immer um Rassismus geht, das ist ja gar nicht nur die Lebensrealität von BIPOC-Menschen, egal wo auf der Welt. Ja, hast du das Gefühl, da könnte der Buchmarkt auch ein bisschen was, sich eine Scheibe von abschneiden?
Georgina Fakunmoju:
Ich glaube, der Buchmarkt hat das in den letzten Jahren schon verstanden, spätestens seit 2020 wurde ja auch mehr übersetzt, es ist immer so, es geht so in Wellen, dann passiert irgendwas, dann ist die Aufmerksamkeit auf diesen Themen, dann werden mehr Schwarze AutorInnen reingeholt, das ändert sich dann sehr schnell wieder, das verschwindet dann auch wieder aus den Regalen und vor allem, was auch komisch ist, ist, dass du in deiner Wahrnehmung oft denkst, da sind doch ganz viele, weil die hat den Preis gewonnen oder die Person ist überall zu sehen, das sind dann aber immer diese Menschen, die so nach vorne gestellt werden, die dann auch eben ausgezeichnet werden, aber in den Reihen, die dahinter sind, passiert dann gar nichts mehr, also wenn du es zahlenmäßig runterbrichst, es gibt leider keine Studien in Deutschland, aber es gibt Studien aus Großbritannien, es gibt Studien aus den USA dazu und das ist verheerend, wie wenig POCs, Black People, schreiben und veröffentlichen, also da gucken die Verlage schon drauf, aber eben auch aus einer Marketing-Sicht, weil die wollen natürlich ihre Bücher verkaufen, ich glaube, da geht es nicht so sehr um gesellschaftlichen Wandel und um Veränderung, weil wenn das so wäre, dann würden auch mehr Leute, nicht-weiße Menschen in den Verlagen arbeiten und das tun sie leider überhaupt nicht.
Sophie Anggawi:
Aber da beißt sich die Katze ja auch ein bisschen in den Schwanz. Also wir haben ja dann die Redaktionen, das Feuilleton, Kulturredaktionen, die dann sich ja auch immer die Verlagsangebote anschauen. Meinst du auch, es ist zu wenig Nachfrage da von den Medienhäusern? Weil die ja auch ganz oft damit zu tun haben, was jetzt gelobt wird, was überhaupt besprochen wird, was kritisiert wird oder positiv besprochen wird. Die haben ja auch einen Einfluss darauf.
Georgina Fakunmoju:
Ich glaube, das ist einfach generell ein dickes Brett. Ja klar, alles nährt sich voneinander. Es braucht ja beides. Deswegen ist es ja auch schön, wenn wir hier über digitale Dinge sprechen, dass es Social Media gibt, dass es ein großes Booktok gibt, dass es TikTok gibt, weil da einfach auch Gegenöffentlichkeiten entstanden sind, auf die dann die Großen auch reagieren und dementsprechend ihr Angebot anpassen. Ich glaube, das passiert schon.
Ich glaube, dass es vielleicht gewisse Bewusstseinsänderungen gibt, dass wenn mal ein Schwarzes Skript da liegt, dass es einfach doch vielleicht auch favorisiert wird oder auch mal zumindest irgendwie eine Chance bekommt.
Aber ich glaube, wir sind da noch so ganz, ganz am Anfang. Ich glaube, die Verlage müssten wirklich aktiv dagegen angehen. Das ist wie im Öffentlich-Rechtlichen genauso, wo Programme aufgelegt werden müssen oder auch mussten, die jetzt leider nicht mehr existieren, wo Leute auch gefördert werden, aktiv gefördert werden. Es müsste mehr Schreibwerkstätten geben für VPOCs. Es müsste mehr Wissen geshared werden, geteilt werden, weil das Verlagswesen einfach auch unheimlich elitär ist. Die Medienwelt ist ja auch unheimlich elitär, da brauchen wir uns nichts vormachen. Es ist einfach wahnsinnig schwierig, überhaupt was zu tun überhaupt da reinzukommen.
Und ich glaube, da müssten die Verlage mehr Schritte auch auf die Communities zumachen. Und ich glaube auch, es gibt wirklich genug. Es gibt auch ÜbersetzerInnen, schwarze ÜbersetzerInnen. Ich kriege immer wieder zugespielt auch, dass dann doch wieder nur die weißen Menschen, die dann relevant sind, gebucht werden für bestimmte Jobs. Und das ist einfach nicht richtig. Und ich glaube, dass da einfach wirklich am Personal mehr gemacht werden müsste. Es müssten einfach dann in den Redaktionen mehr auch mal schwarze Menschen sitzen. Toni Morrison hat das in den Siebzigern gemacht bei Random House. Das war auch immer die Einzige. Die saß da auch irgendwie 20 Jahre und hat dafür gesorgt, dass eben Leute verlegt wurden, sehr, sehr relevante Leute verlegt wurden. Und es hat sich dann alles wieder geändert, als sie ausgeschieden ist. Und nichts hat sich geändert in der Struktur. Also wenn wirklich Wandel passieren soll, dann müssen die auch mehr reinlassen.
Sophie Anggawi:
Und auf die Community achten und darauf, was die sich wünschen ja am Ende auch. Meinst du, dass dadurch der Literaturbetrieb ein bisschen, in Anführungsstrichen, demokratisiert werden kann? Wenn sich Bookstagram und Booktok, wirklich, das sind ja große Communities, lesende Communities. Das ist ja auch eine wahnsinnige Leserinnenschaft, die da theoretisch potenziell noch stecken könnte.
Georgina Fakunmoju:
Ja, ich weiß es nicht. Ich bin da ein bisschen negativ eingestellt, würde ich sagen. Also ich glaube, das ist wirklich an dem Angebot hapert es nicht. Aber an denen, die am Ende daran verdienen, da ändert sich momentan daran gar nichts.
Sophie Anggawi:
Zum Abschluss, ich weiß nicht, ob ich dich jetzt damit überrasche, wir können auch einmal gleich kurz pausieren. Würde ich dich gerne fragen, hast du drei Tipps, die aus deiner Community auf deinem Instagram dir zugespielt wurden, von deinen HörerInnen, von deinen FollowerInnen, wo du sagst, ohne die hätte ich das wahrscheinlich nicht gefunden oder erst sehr viel später und das waren wirklich wahnsinnig tolle Bücher?
Georgina Fakunmoju:
Ja, und zwar habe ich, und das habe ich dann im Sommer gelesen, das war so super, Akwaeke Emezi, „You Made a Fool of Death with Your Beauty“, das gibt es auch auf Deutsch, „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“. Tolle Autorin, aber dieses Buch hätte ich so nicht gelesen, wenn es mir nicht jemand empfohlen hätte.
Ich lese jetzt gerade auch ein Buch, auch ein Community-Tip, das ist super, „The Very Secret Society of Irregular Witches“ von Sangu Mandanna, ich glaube, das gibt es noch nicht auf Deutsch, aber das ist ein Buch über drei junge Hexen, die sich noch finden müssen.
Und, was auch wirklich ein Highlight war dieses Jahr, „Death of the Author“ von Nnedi Okorafor. Nnedi Okorafor schreibt African Futurism, also so Fantasy-Future-Geschichten und dieses Buch wird auch bald auf Deutsch erscheinen im Januar als Tod der Autorin.
Sophie Anggawi:
Okay, das sind drei sehr coole Tipps.
Georgina Fakunmoju:
Ja, genau. Es ist so ein bisschen Magic. Das eine ist Magic, das andere ist so Love und das andere ist, ja, da sind ganz viele Themen drin. AI.
Sophie Anggawi:
Danke dir, liebe Georgina, für das Gespräch mit uns hier im Podcast.
Georgina Fakunmoju:
Dankeschön.
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Der Text wurde KI-gestützt transkribiert.